Katastrophen-Kommando – Für Euch
22. April 2022
Dackelton Records
Album | Vinyl/CD/Digital
28:07 Minuten | 10 Tracks
Punk Rock / Deutschpunk
Dortmund, Deutschland
Dass es sich beim Katastrophen-Kommando um eine Deutschpunkband handelt, wird keine große Überraschung sein. Bandname und Albumcover des dritten Langspielers sprechen Bände, und der Inhalt enttäuscht diese Annahmen keineswegs.
Pogo ohne Atempause
Knapp eine halbe Stunde lang und auf zehn Tracks lädt das Katastrophen-Kommando zum Pogo ein. Zeit zum Verschnaufen gibt es wenig, weshalb Pausen zum Rauchen oder Getränke holen besser nach hinten verschoben werden.
Den Einstieg macht ein Sample aus einem Film, dessen Namen ich vergessen habe. Ich erinnere mich lediglich, dass ich den Streifen furchtbar schlecht fand.
„Are you ready to rock, Billy?“ – „Mein Name steht wieder auf grün, Alteeeeer!“
Auf diesem Wege wird in den Opener ‚Wir sind wieder da‘ eingeleitet. Wer beim Titel auch an eine unangenehme Oi!-Band aus Hösbach erinnert wird, kann beruhigt aufatmen: Statt onkeliger Bohshaftigkeit legt das Katastrophen-Kommando mit einem Ohrwurmrefrain ein dynamisches Tempo vor. Danach drückt das Trio das Gaspedal noch weiter nach unten, denn der ‚Pogosong‘ erfüllt seinen Namen perfekt.
Von Liebe und Umsturz
Die bezeichnenden Titel ziehen sich weiter durch „Für Euch“. In der ‚Punkromanze‘ wird es gefühlvoll und romantisch, ohne dass das Katastrophen-Kommando auf schunkelige Rhythmen umsteigt. Ob der Protagonist im Lied ‚Mädchen von nebenan‘ eher ein Stalker oder doch nur ein schüchterner Verliebter ist, mag im Auge der Betrachtenden Liegen [dass die Person männlich gelesen wurde, liegt an der männlichen Stimme, die in erster Person erzählt]. Die A-Seite endet dann mit ihrem Höhepunkt ‚Alles auf Anfang‘. Auf einem Sound, der ein bisschen an The Offspring zu ihrer „Americana“ Zeit erinnert, rechnet das Katastrophen-Kommando mit Populismus, Kapitalismus und dem Übel unserer Ära ab.
Gute Laune – Schlechte Laune
Die zweite Seite der Platte beginnt mit einem zutiefst zynischen Pop Punk Sommerhit à la Die Ärzte. Den direkten Kontrast bildet die Hymne für Ruhe ‚Halt die Fresse‘, mit der man so manchen Arbeitstag beginnen kann. Es folgt ‚Die traurige Geschichte eines Überfliegers‘, eine melancholische Akustiknummer über eine namenlose Person, die ihr ganzes Leben dem Erfolg und dem Neoliberalismus gewidmet hat, um dann letzten Endes einsam und verloren aus dem Traum vom großen Glück aufzuwachen.
Die Stimmung bleibt ähnlich in der traurigen Ballade ‚Allein‘, die wohl vom Lebensabend einer Frau mit Demenz erzählt. Westerngitarre und mehrstimmiger Refrain laden ein, die Feuerzeuge rauszuholen. Bevor sich die Melancholie allzu sehr breit macht, legt das Katastrophen-Kommando zum Ende nochmal einen flotten Pogo aufs Parkett. Im Titeltrack knüpft das Trio an die Sounds der A-Seite an und präsentieren ein großes Nein: Nein zu Populismus, Lobbyismus und Ausgrenzung, aber auch Nein zum Aufhören, Nein zum Aufgeben.
Für das Schöne im Leben
Vor allem die ersten fünf Lieder auf „Für Euch“ sind von Bewegung und Freude gekennzeichnet. Auf der B-Seite wird es zwar ruhiger, aber mit ‚Halt die Fresse‘ und dem Titeltrack geht es definitiv noch ordentlich zur Sache. Die Balladen sowie der Sommerhit ‚Wie geht’s, wie steht’s?‘ mögen ihre Fans finden, wirken für mich aber etwas deplatziert. So bleibt zu guter Letzt ein unterhaltsames Album, das mit einigen Partykrachern dienen kann.
7/10 Pestogläser
Playlists zum Weiterhören:
MangoRotation
The Mango 100: Cooking and Housework
The Mango 100: Party
The Mango 100: Punk / Hardcore
Sound of Germany: The Mango 100